„Komik entsteht, wenn es einen Unterschied zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung gibt.“, Das habe ich irgendwo aufgeschnappt und denke hin und wieder darüber nach. War es bei John Vorhaus?
Den Mann auf dem Foto nenne ich Roland. In meinem ersten Beispiel hält er sich für einen umwerfenden Gigolo (‚Selbstwahrnehmung‘). Würde Roland sich jetzt umdrehen und mit jemandem flirten, würde der Clownsmund über Rolands Kopf vielleicht die gewünschte Wirkung zerstören (‚Fremdwahrnehmung‘). Das könnte komisch sein.
Für ein zweites Beispiel stelle ich mir vor, dass Roland bei den Mitarbeitern des Vergnügungsparks schon berüchtigt ist, weil er jeden Tag der Woche herkommt und den Spaßvogel markiert (‚Selbstbild‘). Die Mitarbeiter wissen aber, dass Roland einfach nicht alleine zu Hause herumzusitzen kann und will (‚Fremdwahrnehmung‘). Wäre Roland dann eine tragische Figur, ein trauriger Mann im lachenden Mund?
Als drittes Beispiel fällt mir der Kinofilm Florence Foster Jenkins ein, in dem Meryl Streep eine Millionärin spielt, die hartnäckig ihren Traum verfolgt, als Opernsängerin in der Carnegie Hall aufzutreten. Sie möchte beweisen, dass sie die beste Sängerin der Welt ist und scheint als einzige nicht zu bemerken, dass sie überhaupt nicht singen kann. (‚Selbstwahrnehmung‘). Das bringt ihren Ehemann und Manager ins Rudern (‚Fremdwahrnehmung‘), der sich darüber im Klaren ist, dass sie selten einen richtigen Ton trifft.
Einfach ist es nicht, die Wirkung von Fremd- und Selbstwahrnehmung festzustellen. Ich finde aber, es lohnt sich, in eigenen Texten danach zu fahnden und Figuren, die sonst vielleicht fade wirken, mehr Farbe zu geben – oder um einer Geschichten eine weitere Ebene hinzuzufügen.