Manchmal reicht schon ein Blick auf Mantel oder Tasche, dass ich neugierig auf die Trägerin werde. Die Rückansicht dieser jungen Frau habe ich an einem schönen Herbsttag in Hamburg fotografiert. Was für ein Mensch mag sie sein? Wie verwandle ich sie in einen fiktiven Charakter?
Ihr Mantel hat einen klassischen Schnitt wie ein Dufflecoat, hat aber eine fast neongelbe Farbe. Klassisches Neon? Das knirscht. Und dann hat sie einen geräumigen Beutel umgehängt mit einem graphischen schwarz-weiß-Muster.
Ohne Modebloggerin oder Farbexpertin zu sein, weiß ich, dass die Kombination von gelb und schwarz im Tierreich ‚Gefahr!‘ bedeutet. Wespen oder Tieger sind dadurch zu erkennen und andere Tiere gehen ihnen aus dem Weg. Sollte ich dieser Frau auch aus dem Weg gehen?
Oh ja! Ich nenne sie Sibylle und mache sie zu einem intriganten Wesen. An ihrer Seite läuft der Freund ihrer Freundin Britta und ich bin mir sicher, dass Sybille gerade dabei ist, Britta den Freund auszuspannen. Sybille macht eine Banklehre oder studiert Modedesign. So viel zum Klischee. Jetzt gebe ich Sybille noch eine Achilles-Ferse, die sie vor anderen verbirgt und auch selbst am liebsten vergessen würde. Wie wäre es mit einem Stottern, das auftaucht, wenn sie aufgebracht ist oder mit einer Unfähigkeit, anderen zu vertrauen?
Ich möchte, dass Sybille sich entwickelt, von einer schnippischen jungen Frau zu einer, die Mut zur eigenen Unvollkommenheit hat. Und schon haben wir den Anfang einer Geschichte. – Seht Euch selbst nach Leuten um, die Euch neugierig machen und denkt darüber nach, wer sie sein könnten und dann kann es losgehen mit dem Geschichten schreiben.